VON SCHWARZ-BLAU IN DIE PARTEIKRISE
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Die Geschichte des nationalliberalen Lagers und der FPÖ, Teil 10:
2000 – 2005. Von Schwarz-Blau in die Parteikrise
Aus den Nationalratswahlen im Jahr 1999 war die FPÖ mit 26,9 Prozent der Stimmberechtigten erstmals als zweitstärkste Partei in Österreich hervorgegangen.
Jörg Haider verständigte sich daraufhin mit der ÖVP auf eine gemeinsame Koalition. Mit ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als Partner übernahmen die Freiheitlichen damit zum zweiten Mal in ihrer Geschichte auf Bundesebene Regierungsverantwortung. FPÖ-Vizekanzlerin wurde Susanne Riess-Passer und die FPÖ erhielt zudem fünf weitere Minister sowie zwei Staatssekretäre.
Am 4. Februar 2000 wurde die neue Bundesregierung angelobt, wobei der Start der ÖVP-FPÖ-Koalition in den ersten Monaten durch die Sanktionen der Europäischen Union begleitet wurde. Trotz erster Erfolge der Regierung wie etwa bei der Pensionsreform oder bei der Einführung des Kindergeldes kam es aber bald zu Differenzen zwischen der ÖVP und der FPÖ.
Dazu kamen parteiinterne Diskussionen über die ideologische Ausrichtung. Einerseits betrachteten viele Wähler und Funktionäre den FPÖ-Regierungskurs unter Riess-Passer – etwa in der Europa- und Sozialpolitik – als Bruch mit den Traditionen des Dritten Lagers. Andererseits blieb Haider trotz seines Rückzugs als Obmann und der neuen Parteiobfrau Susanne Riess-Passer die dominante Persönlichkeit in der Partei. Im Sommer 2002 spitzte sich die Lage zu: Die Hochwasser-Katastrophe im Land veranlasste Schwarz-Blau dazu, die geplante Steuerreform zu verschieben. Dies wurde jedoch vom Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und einem Teil der Parteibasis nicht akzeptiert. Sie sahen dadurch ein zentrales FPÖ-Projekt gefährdet.
Bei einem Delegierten- treffen im steirischen Knittelfeld wurde letztendlich gegen den Willen der FPÖ-Vizekanzlerin die Einberufung eines Sonderparteitages gefordert. Als Reaktion auf Knittelfeld traten Susanne Riess-Passer, FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler und der freiheitliche Finanzminister Karl-Heinz Grasser zurück. Wolfgang Schüssel reagierte darauf prompt mit einer Aufkündigung der Koalition.
Bei der Nationalratswahl im November 2002 konnte die ÖVP mit rund 42,3 Prozent punkten, während die FPÖ nur 10,01 Prozent erreichte. Dennoch erneuerte die ÖVP die schwarz-blaue Koalition mit Herbert Haupt als FPÖ-Vizekanzler, wobei die freiheitliche Regierungsmannschaft fast halbiert wurde.
Die Auseinandersetzungen in der FPÖ – viele befürchteten eine Umklammerung durch eine starke ÖVP – nahmen nun an Heftigkeit zu. Mit dem Wiener FPÖ-Landeschef Heinz-Christian Strache erwuchs der Parteispitze um Haider und Bundesparteiobfrau Ursula Haubner ab 2004 außerdem ein Konkurrent innerhalb der eigenen Partei. Verschärft durch Wahlniederlagen in den Bundesländern und einem Absturz bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2004, bei der Andreas Mölzer als Vertreter des regierungskritischen Flügels in der FPÖ das einzige Mandat für die Partei errang, eskalierte der Konflikt zwischen dem nationalen Lager und der Parteiführung schließlich zu Jahresbeginn 2005.
Am 4. April spaltete sich Jörg Haider mit der FPÖ-Regierungsmannschaft von der FPÖ ab und gründete das „Bündnis für die Zukunft Österreichs“ (BZÖ). Die Freiheitlichen, deren Leitung interimistisch der frühere Wiener FPÖ-Obmann Hilmar Kabas als längstdienendes Bundesparteivorstandsmitglied übernahm, standen damit vor einem Neuanfang.