Die geldpolitischen Herausforderungen der Europäischen Zentralbank
Gemeinsame Veranstaltung mit dem Liberalen Klub
Der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB), Univ.-Prof. Mag. Dr. Robert Holzmann, sprach am 17. März 2022 bei einem vom Freiheitlichen Bildungsinstitut gemeinsam mit dem Liberalen Klub abgehaltenen Vortragsabend über die geldpolitischen Herausforderungen der Europäischen Zentralbank (EZB).
Holzmann ging zu Beginn seines Vortrages auf die Aufgaben und Funktionen der OeNB ein. Die OeNB gehört mit dem Gründungsdatum 1816 zu den ältesten staatlichen Institutionen in Österreich. Seit damals ist die Geldpolitik eine ihrer zentralen Aufgaben. Die Bargeldversorgung gehört ebenfalls zu ihren Hauptaufgaben. Finanzstatistiken zu erstellen ist eine weitere wesentliche Leistung der OeNB. Im europäischen Gesamtzusammenhang ist ihre Funktion als Analysezentrum für Mittel-, Ost- und Südosteuropa von Bedeutung. Ein zukunftsträchtiges Thema ist die Umstellung auf digitale Währung. Die Schaffung von digitalem Zentralbankgeld befindet sich momentan in der Entwicklung. Im Rahmen der Bankenaufsicht übt die OeNB eine Kontrollfunktion aus und trägt damit zur Finanzmarktstabilität bei. Durch die Sicherung des Zahlungsverkehrs leistet sie einen wesentlichen Beitrag für die Finanzmarktinfrastruktur.
Der Gouverneur gehört dem Rat der EZB an, der aus jeweils einem Vertreter der 19 Euro-Staaten sowie dem sechsköpfigen Direktorium der EZB besteht. Im Rat werden die geldpolitischen Entscheidungen der EZB getroffen. Als 2020 die Corona-Pandemie massive wirtschaftliche Auswirkungen nach sich zog, war die EZB gezwungen zu handeln. Die EZB entschloss sich daher ein „Pandemie-Notfallankaufprogramm“ von zu Beginn 750 Milliarden Euro aufzulegen, dessen Volumen letztlich auf 1.850 Milliarden Euro erhöht wurde. Holzmann bewertete das Programm rückblickend in einer Gesamtbetrachtung als Erfolg und richtige Maßnahme zur richtigen Zeit.
Ende 2021 war schließlich der Zeitpunkt gekommen, über ein Auslaufen des Programmes und eine Erhöhung der Zinsen nachzudenken. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 traten aber neue Schwierigkeiten auf. Die Inflation wurde durch den Krieg angeheizt, die Wachstumsprognosen mussten gesenkt werden. In welchem Ausmaß sich das Wachstum verringert, hängt von der weiteren Entwicklung des Krieges ab. Holzmann bewertete die Entscheidung der EZB von Anfang März 2022 über ein Ende der Anleihenkäufe und eine Zinsenanhebung nachzudenken als vorsichtig und gab zu bedenken, dass einer Inflationsverfestigung rechtzeitig vorgebeugt werden müsse.
Holzmann wies darauf hin, dass der Krieg in der Ukraine nicht die einzige Herausforderung im Bereich der Geldpolitik darstelle. Noch vor Kurzem hatten Klimaschutzmaßnahmen für unsere Gesellschaft höchste Priorität. Die damit verbundene Energiewende kostet viel Geld. In Summe ist die Geldpolitik vor allem auch aufgrund exogener Einflüsse, wie Pandemien oder kriegerischen Auseinandersetzungen, mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert.