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02. Oktober 2022

Das Amt des Bundespräsidenten II

Amtsverständnis und Amtsende

In unserer News zur Bundespräsidentenwahl vom 29. September 20022 (Das Amt des Bundespräsidenten I) wurden die verfassungsrechtlichen Kompetenzen, der Ablauf der Wahl sowie der Erwerb einer Wahlkarte beleuchtet.

Auf noch offene Fragen, wie das Amtsende des Bundespräsidenten und das Amtsverständnis der bisherigen Staatsoberhäupter, wird hier eingegangen:

Amtsverständnis im Wandel der Zeit

Spätestens im Bundespräsidentenwahlkampf 2016 hat Norbert Hofer mit der Aussage "Sie werden sich noch wundern, was alles gehen wird" die Diskussion um das Amtsverständnis des Bundespräsidenten neu entfacht.

Während sich die Bundespräsidenten vor Thomas Klestil eher auf die repräsentative Funktion und die des „formalen Staatsnotars“ beschränkten, erfolgte seit dem Jahr 2000 ein immer stärkeres Eingreifen in die Tagespolitik.

So verlangte Thomas Klestil im Jahr 2000 vor der Angelobung der Bundesregierung die Unterzeichnung einer Präambel durch Wolfgang Schüssel und Jörg Haider. Auch schloss er im Vorhinein definitiv aus, Thomas Prinzhorn oder Hilmar Kabas zu Ministern zu ernennen.

Sein Nachfolger, Bundespräsident Fischer, weigerte sich, ein zwar formal verfassungskonform zustande gekommenes, aber mit einer inhaltlich offensichtlich verfassungswidrigen Bestimmung versehenes Gesetz zu unterzeichnen und wich damit erstmals von der rein formellen Beurkundung ab.

Der aktuelle Amtsinhaber, Alexander Van der Bellen, griff bisher am Stärksten in die Tagespolitik ein. Angeblich übermittelte er bereits im Vorfeld der Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP eine „Blacklist“, welche Personen er keinesfalls zu Ministern ernennen würde. Darüber hinaus  verweigerte er drei von FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek ernannten Brigadieren die Bestätigung ihrer Beförderungen. Des Weiteren versagte er einem von der FPÖ nominierten Juristen die Ernennung zum Verfassungsrichter. Vor allem aber entließ er als erster Bundespräsident einen Minister, und zwar den damaligen FPÖ-Innenminister und nunmehrigen Bundesparteiobmann Herbert Kickl.

Kaum verwunderlich, dass etwa der jetzige freiheitliche Bundespräsidentschaftskandidat,  Walter Rosenkranz, verspricht, im Fall seiner Wahl ein nicht minder aktives Amtsverständnis als seine Vorgänger zu pflegen. 

Amtsende des Bundespräsidenten durch Zeitablauf oder Tod

Üblicherweise endet das Amt automatisch durch Zeitablauf, und zwar sechs Jahre nach Angelobung des Bundespräsidenten. Danach ist eine einmalige Wiederwahl zulässig. Dieser Fall trifft etwa auf Heinz Fischer zu.

Auf dramatische Weise, nämlich durch Tod, endete hingegen die Amtszeit seines direkten Amtsvorgängers. Thomas Klestil starb 2004 zwei Tage vor dem Ende seiner zweiten Amtsperiode.

Amtsende des Bundespräsidenten durch Volksabstimmung

Das Amtsende des Bundespräsidenten kann auch durch Absetzung im Wege einer Volksabstimmung erfolgen. Deren Durchführung bedarf zunächst eines Antrags des Nationalrates auf Einberufung der Bundesversammlung zu diesem Thema. Erfolgt ein solcher Beschluss, hat der Bundeskanzler die Bundesversammlung einzuberufen. Sie entscheidet über den Antrag, eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten anzusetzen.

Amtsende des Bundespräsidenten durch juristische „Verfehlungen“

Sollte das Parlament der Ansicht sein, dass der Bundespräsident gegen die Bundesverfassung verstößt, so haben sowohl der National-, als auch der Bundesrat die Möglichkeit, einen Beschluss zur Anklage des Bundespräsidenten vor dem Verfassungsgerichtshof zu fassen. In diesem Fall hat der Bundeskanzler ebenfalls sofort die Bundesversammlung einzuberufen, die den endgültigen Beschluss zur Anklage mit Zweidrittelmehrheit zu fassen hat.

Eine gerichtliche Verurteilung bestimmter strafbarer Handlungen (z.B. Vergehen mit über einem Jahr Freiheitsstrafe) würde ebenfalls zu einem Amtsende führen.

Amtsende durch Rücktritt

Keine Regelung enthält die Bundesverfassung zum Rücktritt eines Bundespräsidenten (Amtsverzicht), weshalb diese Möglichkeit umstritten ist.

Vertretung des Bundespräsidenten

Ist der Bundespräsident „kurzfristig“ verhindert (z.B. Krankheit oder bei Aufenthalten außerhalb des EU-Raums), gehen seine Agenden auf den Bundeskanzler über – allerdings nur für höchstens 20 Tage. Danach übernimmt die Vertretung das Kollegium der drei Nationalratspräsidenten, wobei diese mit Mehrheit entscheiden. Bei Ausfall eines der drei Präsidenten entscheidet die Stimme des Ranghöheren, bei Ausfall von zwei Präsidenten entscheidet der verbliebene Präsident alleine.

Bei der sogenannten „dauernden Erledigung“ des Amtes (z.B. Todesfall) oder beim Beschluss des Nationalrates auf Einberufung der Bundesversammlung, die den Zweck hat, einen Beschluss herbeizuführen über die Abhaltung einer Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten, übernimmt das Kollegium der drei Nationalratspräsidenten sofort die Vertretung (Art 60 Abs. 6 B-VG).

Erinnerung 

Sollten Sie Ihre Stimme

am Sonntag, den 9. Oktober 2022,

nicht im Wahllokal abgeben können, besteht die Möglichkeit eine Wahlkarte zu beantragen. Dies ist grundsätzlich entweder 

* online unter

https://www.wien.gv.at/amtshelfer/dokumente/verwaltung/wahl/antraege/wahlkartenantrag.html (Empfehlung bis spätestens 4. Oktober) oder

* persönlich im zuständigen Wahlreferat möglich (Frist bis 7. Oktober 12 Uhr)

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