Frühling der Revolution
Europa 1848/49 und der Kampf für eine neue Welt
Verlag: DVA
ISBN: 978-3-421-04829-5
Sir Christopher Clark, der Autor des Buches “Frühling der Revolution: Europa 1848/49 und der Kampf für eine neue Welt“, ist ein in Großbritannien lebender australischer Historiker, der als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine’s College in Cambridge lehrt. Eines seiner bekanntesten Werke ist „Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“. In seinem neuesten, spektakulären Werk beleuchtet er die für ihn einzig wahrhafte europäische Revolution der Geschichte. Nach seinen eigenen Angaben kam es zu diesem Buch, weil er in den Revolutionen von 1848/49 das pulsierende Herz des 19. Jahrhunderts, den Schlüssel zum Anbruch der Moderne in Europa und darüber Parallelen zur Gegenwart entdeckte. Ein Ausschnitt aus der Inhaltsbeschreibung des Buches dazu lautet:
„In der Geschichte Europas gibt es keinen Moment, der aufregender, aber auch keinen, der beängstigender war als der Frühling des Jahres 1848. Scheinbar aus dem Nichts versammelten sich in unzähligen Städten von Palermo bis Paris und Venedig riesige Menschenmengen, manchmal in friedlicher, oft auch in gewalttätiger Absicht. Die politische Ordnung, die seit Napoleons Niederlage alles zusammengehalten hatte, brach in sich zusammen.“
In dieser aufsehenerregenden Epoche Europas traten in erstaunlicher Zeitgleichheit neue politische Ideen, Glaubenssätze und Erwartungen am gesamten Kontinent hervor, die Bevölkerung versammelte sich und die Wogen gingen hoch, wenn das Volk auf staatliche Truppen traf. Für neue zentrale Lebensthemen wie z.B. nationale Unabhängigkeit, „Einigkeit, Recht und Freiheit“, Freiheitsrechte, Demokratie, Wahlrecht, das Ende der Sklaverei, das Recht auf Arbeit, die Rolle der Frau in der Gesellschaft, die jüdische Emanzipation, etc. war man bereit hart zu kämpfen. Diese Ideen der Revolution von 1848 verbreiteten sich um die ganze Welt, sie veränderten die Verhältnisse vor allem in Europa derart, dass es zur Entstehung eines anderen, neuen bzw. „modernen“ Europas führte, in dem die Revolutionen Spuren hinterließen. Es ist z.B. ein dänisches Parlament und der moderne schweizerische Nationalstaat daraus hervorgegangen.
Sir Christopher Clark setze sich mit den Fragen auseinander, warum wir uns heute mit den Revolutionen aus 1848/49 beschäftigen sollen und was von den Revolutionen geblieben ist. Damals wie heute besteht dieselbe Problematik in Bezug auf die Gefahr der sozialen Not, Verarmung der Erwerbstätigen, die Angst um einen sozialen Abstieg, die steigenden Lebenserhaltungskosten und die Gesundheitsvorsorgefrage. Einst und jetzt diskutiert man darüber, ob es sich dabei um die Folge einer Überregulierung oder Deregulierung handelt. Strittig ist auch, ob nicht das moderne Wirtschaftssystem, der Kapitalismus, selbst dafür verantwortlich ist. 1848/49 bot das Zusammentreffen von sozialer Not und Konfliktbereitschaft den Zündstoff für die Revolutionen, denen die Eliten nicht gewachsen waren.
Hierzu äußert sich Christopher Clark wie folgt:
„Je mehr ich mich in diese Revolutionen vertiefte, desto mehr fielen die Resonanzen und Parallelen mit der Gegenwart auf: Die verschiedenen politischen Interessen kommen nicht miteinander ins Gespräch; demokratische Prozesse haben eine ambivalente Wirkung auf instabile politische Kulturen; das Verhältnis zwischen Politik und Gewalt ist schwer zu entziffern. Damals wie heute erleben wir ein Auf und Ab ohne einen festen Sinn für die Fahrtrichtung; die Verflechtung von zivilen Unruhen mit geopolitischen Spannungen; das Einbrechen von Gewalt, Utopie und Spiritualität in die Politik.“
Auf die Frage, ob uns auch eine Revolution bevorstehen kann, weist Sir Christopher Clark auf das Jahr 2011 hin, in dem die arabische Welt zeitgleich von Umwälzungen überrollt wurde, die an die Revolutionen von 1848/49 erinnern ließen. Er lokalisiert in den vergangenen Jahren zunehmende Zeichen einer Instabilität in der westlichen Welt. Diese äußern sich in Protestbewegungen oder Social-Media-Aktivismus, welche an die Auseinandersetzungen von 1848/49 erinnern.
Nachdem - im Gegensatz zur Französischen oder Russischen Revolution - die Ideen von 1848 in zahlreichen europäischen Ländern zeitgleich Anklang fanden, zieht Sir Christopher Clark den Rückschluss, dass die Revolutionäre von 1848 europäischer waren als die Europäer von heute.